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Die Machtstruktur und der grosse Fehler

Soziokratie ist eine Methode, um unser Leben und unsere Gesellschaft zu gestalten und auf der Grundlage der Gleichwertigkeit in der Entscheidungsfindung steuern zu können. Das Prinzip ist dabei sehr einfach. Diese Einfachheit ist einerseits attraktiv, um sie schnell anwenden zu können und andererseits kann sich diese Einfachheit als trügerisch erweisen, weil in der Anwendung alles mit uns selbst zu tun hat.

Nehmen wir die Art der Entscheidungsfindung als Beispiel: die grosse Mehrzahl der Organisationen weltweit funktioniert in der einen oder anderen Weise autoritär. Auch die sogenannten demokratisch organisierten Organisationen wirken letztlich autoritär, weil das Risiko autoritärer und demokratisch organisierter Organisationen darin besteht, dass der Chef*in bzw. die Mehrheit das Interesse von Untergebenen bzw. Minderheiten verleugnen kann und darf. Doch nichts und niemand akzeptiert es verleugnet zu werden. Aus diesem Grund verändert Soziokratie die Machtstruktur. Diese Veränderung ist wissenschaftlich fundiert und bedeutet, dass der bestehenden Struktur etwas hinzugefügt wird, so dass die positiven Eigenschaften dieser Struktur erhalten bleiben und die negativen verschwinden bzw. steuerbar werden.

Der Begriff ‚Kreisorganisation’ bezeichnet deshalb die Struktur einer Organisation, der die Kreisstruktur hinzugefügt wurde, so dass die Organisation nach Prinzipien der Kybernetik gesteuert werden kann. In dem von mir geleiteten Unternehmen konnte ich diese Prinzipien in einem Zeitraum von mehr als vierzig Jahren erproben und weiterentwickeln, einschliesslich der rechtlichen Ausgestaltung sowie der Vergütungsstruktur. Zu Beginn der Anwendung der Soziokratischen Kreisorganisation im Unternehmen habe ich jedoch einen grossen Fehler gemacht: Wegen der Einfachheit der Methode dachte ich, dass eine Schulung für die Anwendung nicht notwendig wäre. Inzwischen hatte ich vierzig Jahre Zeit mir immer klarer zu werden, wie unverzichtbar eine fundierte Schulung für die sinnvolle Anwendung ist.

Obwohl ‚Lebenslanges Lernen’ bereits in den Sechzigern Einzug gehalten hat, dauerte es viele Jahre, bis dies allgemein anerkannt wurde. In den neunziger Jahren machte ich dazu scherzhaft die Bemerkung, dass wir eigentlich keine Zeit für die traditionellen Arbeiten haben, die Maschinen und Roboter für uns erledigen können, weil wir unsere ganze Zeit für die Entwicklung brauchen. Mir war damals nicht klar, wie grundlegend diese Aussage war. So gesehen ist es noch bemerkenswerter, dass die Soziokratische Kreisorganisations-Methode (SKM) in nur sechs professionell begleiteten Meetings die Grundlage für eine erste, spürbar positive Veränderung unseres Zusammenarbeitens und -lebens legen kann.

Doch um unser Zusammenarbeiten und Zusammenleben zu gestalten und zu steuern ist eine permanente Entwicklung erforderlich. In der Vergangenheit war die Firma Endenburg Elektrotechniek in den Niederlanden ein Laboratorium für die Entwicklung der SKM. Weil die Notwendigkeit ständigen Lernens weitergeht, wird sie inzwischen getragen von der TheSociocracyGroup (TSG), einem internationalen Laboratorium zur Innovation von Organisationen und Gesellschaften. gekürzter und leicht modifizierter Text nach Gerard ENDENBURG, INSIDERS 1/2020

Wenn Sie sich in einem geschützten Rahmen soziokratisch weiterentwickeln wollen, schauen Sie doch im Übungskreis Soziokratische Gesprächsleitung vorbei.