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Konsent – Mit «gut genug» zufrieden sein

Im Papierkorb oder in der Schublade – das ist der schlimmste Ort, an dem Ihre Arbeit landen kann. Vor allem, wenn man viel Zeit, Liebe und Mühe investiert hat. Durch die Entscheidung im Konsent kann das verhindert werden.

Sie haben viel Mühe in Ihren Bericht gesteckt und einen Vorschlag für das weitere Vorgehen formuliert. Doch als der Vorschlag in der Sitzung diskutiert wird, kommen von allen Seiten neue Einwände. Es folgt eine hitzige Diskussion zwischen Befürworter*innen und Gegner*innen. Am Schluss wird abgestimmt und der Vorschlag wird abgelehnt. Machen Sie einen neuen Vorschlag? Nein, Sie haben keine Lust mehr. Sollen die anderen sich darum kümmern!

All die Zeit, all die Arbeit, all das Know-how. Schade, dass all das so leicht im Papierkorb landen kann. Dabei gibt es viele Alternativen, wenn man die Sache nicht mit einer «Alles-oder-Nichts-Haltung» betrachtet.

Konsent vs. Konsens

Hand aufs Herz: Gefällt Ihnen alles an Ihre*r Partner*in? Oder sagen Sie: Einige Dinge sind schwierig, aber ich nehme sie in Kauf? Ich kann damit leben, da die Gesamtbilanz positiv ist?
Es ist gut möglich, dass Sie Ihre Freund*innen, den Ort, an dem Sie leben und Ihre Arbeit auf diese Weise betrachten. Das ist ein Konsent-Blick.

Konsent ist etwas anderes als Konsens. Unter Konsens verstehen viele Menschen, dass sie zu einer Sache voll und ganz zustimmen. Konsent hingegen bedeutet, dass man mit etwas ausreichend einverstanden ist. Konsens ist das, was Ihnen am besten gefällt. Konsent ist das, was Sie im Moment für gut genug halten, um es auszuprobieren.

Die ideale Entscheidung gibt es nicht…

Bei einer Abstimmung, einem Vorschlag oder einer Wahl geht es oft um alles oder nichts. Aber auch hier kann man abwägen. Denn im Grunde genommen können Nein-sager*innen einen Vorschlag durchaus akzeptabel finden. Meist sind sie nur mit Teilen davon unzufrieden. Wenn diese angepasst würden, wäre der Vorschlag für sie durchaus annehmbar. Aber da die Frage «Ja oder nein?» lautet, stimmen sie dagegen.

…aber es gibt gute Alternativen

Aber das muss nicht so sein. Bei der Konsent-Entscheidung beginnt die Diskussion nach einem schwerwiegenden Einwand. Dann stellt sich die Frage: Was genau ist der Einwand gegen diesen Vorschlag? Und handelt es sich wirklich um einen schwerwiegenden Einwand, d.h. steht er der Fähigkeit und Bereitschaft zur Umsetzung des Vorschlages entgegen? Wenn ja, was kann man dagegen tun? Haben Sie eine Idee?

Mit dieser Frage können Sie als Gruppe weitermachen. Das ganze Team fängt an, in Möglichkeiten zu denken. Dann sind Anpassungen möglich und die ganze Arbeit, welche schon in den Vorschlag geflossen ist, muss nicht im Papierkorb landen. Sie können viel Zeit sparen, da der Vorschlag nicht völlig neu verfasst werden muss. Bei der Entscheidungsfindung im Konsent suchen Sie im Grunde nach der Bandbreite, innerhalb derer Sie und Ihre Kolleg*innen einen Vorschlag für gut genug halten.

Das Loslassen der eigenen Idee kann sich wie ein Verlust anfühlen…

In der Theorie ist das natürlich leicht zu sagen. In der Praxis ist dieser Ansatz etwas gewöhnungsbedürftig. Es kann sich unangenehm anfühlen, die eigene Ideallösung loszulassen und nach dem zu suchen, was man für gut genug hält. Fast wie ein Verlust. Aber es ist auch der Beginn eines kreativen Prozesses. Gemeinsam mit anderen können Sie etwas Neues schaffen. Dies erfordert die aktive Bemühung Ihrerseits, neue Ideen zu entwickeln und diese zuzulassen.

…aber es führt zu einer Lösung

Es braucht oft Zeit, sich von der eigenen Idee zu verabschieden und die Bandbreite des Möglichen zu erkunden. Aber in unserer Arbeit mit Teams machen wir die Erfahrung, dass es in 99 % der Fälle funktioniert. Teams konnten mit Hilfe der geführten Konsentfindung in ein oder zwei Sitzungen Probleme lösen, welche sie schon ewig mitgeschleppt hatten. Manchmal sind die Leute so überrascht über das Erreichte, dass sie spontan anfangen, für sich selbst zu klatschen.

Gemeinsam weiterkommen

Wenn man sich auf einen Vorschlag geeinigt hat, ist das vielleicht nicht die endgültige Lösung für alle. Aber das spielt keine Rolle. Sie dürfen die Entscheidung kritisieren, genau wie Sie Ihre*n Partner*in oder Ihren Arbeitsplatz kritisieren dürfen. Die Hauptsache ist, dass sie für den Moment gut genug ist und dass sie dazu beiträgt, das gemeinsame Ziel zu erreichen. Dass Sie die Sitzung mit dem Gefühl verlassen: Wir sind gemeinsam weitergekommen.


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