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Mit Libellenaugen durch die Krise

Menschen – und damit Organisationen – reagierenmit unterschiedlichen Gefühlen auf die Auswirkungen des Lockdown und der Pandemie – und handeln entsprechend. Drei Grundverhaltensweisen sind in der aktuellen Situation der Corona-Krise deutlich zu beobachten: Die einen lähmt die Angst, die anderen übertreffen sich in Krisenreflexen und wieder andere kommen produktiv ins Handeln. Was macht den Unterschied aus?

Aus der Resilienzforschung erase wir, wie zentral es für Menschen und Organisationen ist, sich insbesondere in Krisensituationen kohärent erleben zu können – statt ausgeliefert und ohnmächtig zu sein.

Allgemein kann das heissen:

  • Formen der Minimalpartizipation genügen unserer Erfahrung nach dafür nicht. Denn Minimalpartizipation heisst, z. B. rechtzeitig und in angemessener Form Informationen zu haben. Was zwar immerhin erlaubt, sich zu orientieren und Geschehnisse einordnen zu können. Verstehen wird möglich – und damit eine wichtige Voraussetzung, um als Mensch oder Team überhaupt in ein produktives Handeln kommen zu können.
  • Mitdenken und Mitentscheiden sind weitere Schritte in Richtung auf eine anspruchsvolle und wirkliche Partizipation. Informationen rechtzeitig zu haben und sich in Anhörungsrunden äussern zu können, genügen dafür nicht.Nur, wenn Mitarbeitende und Teams real etwas bewirken können, erleben sie Selbstwirksamkeit.
  • Deshalb braucht Kohärenzerleben, das Krisenresilienz ermöglicht, unserer Erfahrung nach noch mehr. In unübersichtlichen Krisensituationen notwendiges tiefes Vertrauen entsteht erst in Teams und Organisationen, wenn klar ist, wofür es sich lohnt, angesichts erheblicher Zumutungen nicht nur auf den eigenen Vorteil zu achten. Soziokratisch gesprochen berühren wir damit die Vision und das gemeinsame Ziel der Organisation, der Teams und aller, die dort kooperieren – und den Bereich echter Gleichwertigkeit in den jeweiligen Entscheidungsprozessen, die Grundsätze und Rahmenbedingungen gestalten.

Konkret kann das heissen:

  • Es gibt im besten Fall bereits vor der Krise eine verbindliche, gleichwertige Entscheidungsstruktur. In der Soziokratie ist das die Kreisstruktur.
  • Diesegleichwertige Entscheidungsstruktur wird eingehalten, auch wenn vermeintlich „schnelle“ Lösungen gebraucht werden. Mit allfälligen Ausnahmen wird nach (dort entschiedenen) transparenten Grundsätzen verfahren.
  • Das bedeutet: Keine einsamen (Leitungs-) Entscheide. Falls kurzfristig keine gemeinsame Kreisversammlung möglich ist, werden Zwischenformen genutzt, wie z.B. sich mit der Person (aus dem Leitungskreis) absprechen, diegerade da ist und den Entscheid später in der Kreisversammlung abstützen. Das bewirkt Rückhalt und Vertrauen. Weil allen klar ist: Alleine geht es gerade in unübersichtlichen Krisensituationen nicht.
  • Gerade schwierige, folgenreiche Entscheide werden aus den unterschiedlichen Perspektiven verschiedener Verantwortlichkeiten, Prozessebenen und Betroffenheiten betrachtet. Mit Blick auf das gemeinsame Ziel werden dann in gleichwertiger Weise die jetzt geeignetsten Lösungen gefunden. ‚Good enough for now, save enough to try.“
  • Solche Entscheide werden nicht nur entsprechend umsichtig gefällt und entsprechend mitgetragen – sondern auch zügig getroffen, weil befristet und jederzeit korrigierbar.
  • Dadurch entsteht Rückhalt gerade auch in unerfreulichen Themen, z. B. wenn es um die Verteilung jetzt besonders knappen Ressourcen geht.
  • Innehalten ist auch in Krisen notwendig, um nicht in Krisenreflex-Aktivismus unterzugehen. Die gleichwertige Kreisstruktur ermöglicht und fordert das.

So kann die Organisation die Krise wie eine Libelle betrachten. Dieses Insekt hat Augen mit 30.000 Facetten. Sie alle liefern ihre eigene Sicht auf die Umwelt – und die Libelle kombiniert diese unterschiedlichen Perspektiven zu einem Bild und bestimmt dann, was zu tun ist. Wenn Sie die verschiedenen Erkenntnisse und Perspektiven innerhalb Ihrer Organisation effizient miteinander verweben können, entstehen Pläne, die besser auf die Situation zugeschnitten sind, in der Sie sich befinden.

Organisationen, die mit Libellenaugen sehen lernen, können so den beiden Hauptgefahren in Krisen widerstehen – dem latent autoritären Krisenreflex-Aktivismus und der Paralyse. Die Soziokratische Kreisorganisations-Methode (SKM) ermöglicht es Organisation, diese Fähigkeit der gleichwertigen und effizienten Multiperspektive aufzubauen und zu pflegen.

KONSENT?

Was sind Ihre Erfahrungen in der aktuellen Krise?

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