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Tränen in einer Sitzung? 5 Tipps für den Umgang damit

Wir halten unsere Sitzungen gerne sachlich. Lachen ist erlaubt, aber Tränen? Für viele ist das beängstigend oder «gehört nicht an den Arbeitsplatz». Oft wird das Gespräch unterbrochen oder das Thema beiseitegelegt, um dieser «schwierigen Situation» möglichst schnell zu entkommen. Dabei können Tränen äusserst produktiv sein, geben sie doch wichtige Hinweise.

Tränen sind ein intensives Mass

Wenn ein Team das Unbehagen ertragen kann, welches viele Menschen angesichts von Tränen empfinden, kann dies ein grosser Vorteil sein. Denn Tränen (und andere starke Emotionen) können als verdichtete Messung gesehen werden. In einer emotionalen Reaktion sagt jemand sehr viel auf einmal – quasi eine intensive Zusammenfassung.

Weint jemand? Niemand ist schuld

Wenn jemand anfängt zu weinen, müssen Sie sich als Team nicht schuldig fühlen. Tränen zeigen oft, dass jemand seine oder ihre Grenzen erreicht hat. Stellen Sie keine Vermutungen über den Grund der Tränen an, sondern lassen Sie die Person selbst erklären. Das kann er oder sie – wenn die Umgebung als einigermassen sicher empfunden wird – in der Regel nach einer kurzen Pause gut tun.

Alte Erinnerungen

Ein Beispiel: Ein Lehrer begann in der Teamsitzung zu weinen. Grund dafür war der Vorschlag, die Lehrer*innen sollten am Ende des Regelunterrichts noch anderthalb Stunden in der Schule bleiben, um Zeit für gegenseitigen Austausch zu schaffen, der ansonsten immer zu kurz kam.

Als Reaktion auf das Schluchzen ihres Kollegen wollte die Lehrerin, welche den Vorschlag gemacht hatte, ihn schnell zurückziehen. Die Moderatorin hingegen wollten wissen, was sich hinter den Tränen verbarg. Nach einer kurzen Pause erzählte der Lehrer von seinem ersten Job, in dem er immer bis 18 Uhr in der Schule bleiben musste. Die ganze Zeit über hatte er nichts zu tun, aber die Schulleiterin erlaubte ihm nicht, nach Hause zu gehen. Er hatte sich sehr unfrei gefühlt und das unglückliche Gefühl von damals kam in seiner ganzen Intensität zurück.

Besserer Vorschlag dank Tränen

Das Team war sehr verständnisvoll. In einer weiteren Runde im Kreis wurden dem Vorschlag Kriterien hinzugefügt: Statt anderthalb Stunden würden sie nur eine Stunde länger bleiben, es gäbe feste Strukturen für den Austausch unter den Lehrer*innen und eine Probezeit für den Versuch. Der betreffende Lehrer war damit einverstanden. Im Nachhinein waren alle froh, dass der Vorschlag nicht zurückgezogen worden war. Der Konsentvorschlag war verbessert worden und es gab volle Unterstützung dafür. Ausserdem hatte die Diskussion Zeit gespart – es war nicht nötig, das Thema erneut auf die Tagesordnung zu setzen. Die Tränen waren so zu einem Schlüssel für wichtige Informationen geworden.

TIPPS für den Umgang mit Tränen in der Sitzung

1. Beginnt jemand zu weinen? Halten Sie einen Moment inne, verschaffen Sie der Person etwas Ruhe, holen Sie ihr ein Glas Wasser oder sonst etwas Beruhigendes.

2. Schlagen Sie vor, die emotionale Person für eine Weile auszulassen und mit der Runde fortzufahren, wobei Sie zuletzt auf diese Person zurückkommen.

3. Lassen Sie sich von der betroffenen Person erklären, was hinter ihren Tränen steckt (falls sie dazu bereit ist).

4. Andere Kreismitglieder können Fragen stellen und in einer Runde reagieren. Wenn die starke emotionale Reaktion durch einen Vorschlag ausgelöst wurde, können die Kreismitglieder Ideen für Anpassungen des Vorschlages machen.

5. Bitten Sie um Zustimmung zum geänderten Vorschlag.